Ich werde oft gefragt, “Wer ist dein Lieblings Tennisspieler?”
Was hat er so besonderes gemacht? Er hat in einem spontanen Moment, in dem es überhaupt nicht nötig oder erwartet gewesen wäre, einen Akt von Güte und Menschenliebe gezeigt.
Ein Persönlicher Held ist oft ein “ganz normaler Mensch”.
Eigentlich niemand Besonders aus unserer Sicht. Ein sehr guter Spieler aus Dallas. Sonst nichts. Und weil er älter war als wir alle, war er noch unpersönlicher. Daher die völlige Verwunderung und die amüsierten Gesichter meiner drei Brüder, als ich zu weinen begann, nachdem wir von seiner Niederlage gehört hatten. Was sie aber nicht wussten war, dass Jay Delui mein persönlicher Held war.
Als ich mit 11 Jahren völlig allein in dem Stadium von Corpus Christi sass, nach einer weiteren gewaltigen Niederlage, stand er plötzlich vor mir. Er, die Nr 1 in Texas und 4 Jahre älter als ich, klopft mir sanft auf den Rücken und sagte, “Great try Vaughn. Don’t worry about it, you’ve got a lot of guts”. Ich war sprachlos! Das er überhaupt meinen Namen kannte..Völlig unerwartet und selbstlos kam er zu mir und tröstete mich. Ich denke, dass meine Tränen 3 Jahre später, obwohl für alle anderen un verständlich, gerechtfertigt waren.
Aber, jetzt zurück zu meinem Lieblingsspieler: Jürgen Melzer aus Österreich. Warum?
Im Jahr 2007 bin ich mit einer Gruppe von Kindern aus der Matmos Pandes Schule in Bethel, einer Schule für Kinder mit geistiger Beeinträchtigung, zu den Gerry Weber Open gefahren. Die Lehrerin und ich hatten diesen Kindern seit ein paar Monaten Tennis beigebracht.. Es war der erste Tag des Turniers, Montagvormittag. Auf einem Nebenplatz haben sie einen Court mit einem Gewinnspiel für Jugendliche aufgebaut. Ein Trainer hat jedem 3 Bälle zugespielt. Wenn die Kinder ein Handtuch, Tasche, Seiten-packet und andere dinge auf dem gegenüberliegendem Feld getroffen haben, durften sie es mitnehmen.
Als unsere 6 Kinder an die Reihe kamen, haben sie den Trainer ausgetauscht. Statt des Trainers kam ein Spieler, frisch aus der Dusche, mit wesentlich wichtigeren Dingen im Kopf als dort zu spielen zu mussen.
Nach einer kurzen Regelerklärung schaute er zur Schlange, die als Nächstes auf den Platz kommen sollte. Unser erster lief zur T-Linie. Nach dem ersten verfehlten Schlag entschuldigte sich Melzer: „Sorry, mein Fehler.“ Aber nach dem zweiten Misserfolg blickte er kurz zu mir. Ich habe grinsend genickt, er nickte zurück und auf einmal war er nicht mehr der Profi, der diese Aufgabe erledigen musste. Seine Körperhaltung, seine Augen, alles war plötzlich lebendig. Sein Zuspiel kam mit viel mehr Aufmerksamkeit, seine Energie war enorm. Egal wie lange es dauerte, er spielte jedem so lange zu, bis sie endlich etwas getroffen hatten. Egal ob Handtuch oder Tennisdose, sie bekamen alle eine riesige Schlägertasche!
Bei unserem letzten Spieler dauerte es etwas länger. Andere wartende Kinder riefen, dass es nur drei Versuche geben dürfe usw. Melzer tat immer so, als ob er nichts verstand. Als der zehnte Ball schließlich über das Netz flog, rief er: „Treffer!“, schnappte sich die letzte riesige Tasche und gab sie dem Jungen. Als wir fertig waren, schaute er nochmals zu mir und strahlte.
Als wir weggingen, fragte mich eines der Kinder,
“Ist er wirklich ein Profi?”
“Ja, ja, er ist richtig gut.”
“Das ist komisch, er kann gar nicht so gut sehen. Ich habe die Tasche gar nicht getroffen!”
An einem für ihn sehr stressvollen Tag, bei einer extrem lästigen Arbeit, zeigte Jürgen Melzer so viel Mitgefühl und Liebe für diese Kinder.